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26. April 2024
Lernwelten 04.05.2018

Learning Journey in Berlin: der Duft der Motorenöle

Mitte Februar fand die 1. VDV-Learning Journey in Berlin statt. Initiiert wurde Sie von Silke Kull, Deutsche Bahn AG und Timo Wille, Berliner Verkehrsbetriebe. Beide sind Mitglieder des VDV Unterausschusses für Berufsaus- und Fortbildung. Wir wollten von Silke Kull mehr über die Learning Journey wissen und baten sie zum Interview.

Silke Kull ist Referentin Grundsätze Berufsausbildung der Deutsche Bahn AG

Wie ist die Idee der Learning Journey entstanden?

Timo Wille von der BVG erzählte uns im Unterausschuss für Berufsaus- und fortbildung von einer BVG Learning Journey. Wir merkten, wie alle Augen der Anwesenden zu funkeln begannen und so war die Idee geboren: Wir wollen auch eine Learning Journey organisieren. Timo und ich begannen im November 2017 mit der Planung. Mit Alina Herrmann von der Hamburger Hochbahn tauschten wir uns immer wieder inhaltlich aus. Am 21. und 22. Februar 2018 gingen wir mit 20 TeilnehmerInnen in Berlin tatsächlich auf Reise.

Was war Ihnen bei der Planung besonders wichtig? Wie haben Sie die Stationen ausgewählt?

Wir könnten jetzt natürlich behaupten, dass wir alles sehr strategisch geplant haben und nichts dem Zufall überlassen haben. Genau das Gegenteil war der Fall. Wir wussten was unser Ziel war: ein bunter Mix an Unternehmen. Also große und kleine Unternehmen, innerhalb und außerhalb unserer Branche, kommunale Unternehmen und solche aus der freien Wirtschaft. Den Fokus legten wir auf die Berufsausbildung. Also haben wir uns überlegt, welche Unternehmen wir kennen und wer davon in unserem Netzwerk ist. Wir haben einfach Personen kontaktiert und dann führte tatsächlich der Zufall Regie. Einige Unternehmen sagten sofort zu. Für andere passte es zeitlich nicht. Als dann die Unternehmen feststanden, war für uns sehr wichtig, eine passende Choreografie zu gestalten. Berlin ist ja auch eine große Stadt und wir wollten die Wege so kurz wie möglich halten – natürlich waren wir mit dem ÖPNV unterwegs. Schlussendlich besuchten wir folgende Stationen: Berliner Wasserbetriebe, Cisco Innovation Center, DB minDBox, BMW Motorradwerk, BVG Campus.

Was sind für Sie die Unterschiede zwischen einer Learning Journey und anderen Lernformaten, wie z.B. Konferenzen?

Die Lernatmosphäre würde ich als besonders bezeichnen. Eine kleine Gruppe mit 20 Personen bietet natürlich viel mehr Kommunikationsraum als eine Konferenz. Jede Frage und jede Diskussion hat genug Platz. Durch das gemeinsame Reisen von Betrieb zu Betrieb entsteht auch eine eigene Dynamik und Offenheit. Bei den Besuchen lernten wir sehr konkrete Dinge und haben zum Beispiel den Einsatz eines 3-D-Druckers in einer Ausbildungswerkstatt gesehen. In Summe würde ich sagen: Das gemeinsame Reisen, die kleine Gruppe und die konkreten Erlebnisse führen zu einer besonderen Lernqualität

Gibt es 2-3 inhaltliche Highlights aus der Learning Journey, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Auf der Metaebene würde ich sagen, dass das Format an sich ein Highlight war. Wir gingen intensiv in den Austausch, vernetzten uns und begegneten uns in einer Offenheit, die man selten erlebt. Der Duft von Motorölen lag quasi in der Luft und wir waren ganz nah dran. Inhaltlich ist mir auf jeden Fall Cisco in Erinnerung geblieben. Die denken und arbeiten so unglaublich anders, da schrillten die Alarmglocken bei mir. Seitdem lässt mich der Gedanke nicht mehr los: Wie müssen wir uns als Verkehrsunternehmen aufstellen, um 2050 noch zu existieren? Wie könnte unser Geschäftsmodell aussehen? Die Zukunfsszenarien von Cisco haben mich aufgeweckt. Vielleicht müssen wir Verkehrsunternehmen wie Tschibo werden. Tschibo verkauft Kaffee und noch ganz viel mehr. Was könnten unsere kombinierten Geschäftsmodelle sein? Der Mitarbeiter von Cisco hat darüber gesprochen, dass wir wahnsinnig viel Wissen haben. Ein Beispiel: Unser Buspersonal sieht ständig freie Parklücken in der Stadt – und das in Echtzeit. Dieses Wissen könnte leicht über Sensoren an Plattformen gemeldet werden und verzweifelte Parkplatzsucher würden die Information dringend brauchen. Was mir auch positiv in Erinnerung geblieben ist: Viele Unternehmen setzen nach wie vor auf eine solide und bodenständige Berufsausbildung. Sie ergänzen sie durch digitale Lerneinheiten, aber dadurch verlieren die AusbilderInnen nicht ihren Job, und auch keine Ausbildungswerkstatt wird verdrängt. Es ist die vernünftige Kombination aus digitalem und analogem Lernen und die enge persönliche Beziehung zwischen den Menschen zählt nach wie vor.

Haben Sie Tipps für Menschen, die auch Learning Journeys organisieren wollen?

Weniger ist mehr. Die Teilnehmenden brauchen auch Zeit zum Verdauen und zum Reflektieren. Auf das sollte man auf jeden Fall achten. Darum unbedingt genügend Pausen einplanen. Jeder Betrieb ist interessant, egal ob ein fancy Startup, ein Großkonzern oder ein Unternehmen im Mittelstand. Man muss nur neugierig und offen in den Besuch gehen. Lernen kann man von jedem Unternehmen. Toll fand ich unser Organisationsteam. Timo Wille von der BVG, ich von der DB, Alina Herrmann als Sparringpartnerin von der Hamburger Hochbahn. Im firmenübergreifenden Team macht das richtig Spaß. Ich kann das Experiment nur empfehlen. Machen Sie sich auf die Lernreise.

Die Lernatmosphäre würde ich als besonders bezeichnen. Eine kleine Gruppe mit 20 Personen bietet natürlich viel mehr Kommunikationsraum als eine Konferenz.

Die TeilnehmerInnen der 1. VDV-Learning Journey
Autor

Sabine Prettenhofer

Sabine hat unseren Blog aus der Taufe gehoben. Sie ist unser Trendscout, wenn es um Themen und Geschichten geht. Quasi immer auf der Suche nach spannenden Storys. Sabine wohnt in Wien und ist für uns als Freelancerin tätig. Social Media ist ihre zweite Heimat und darum betreut sie auch die Kanäle der VDV-Akademie.

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