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29. März 2024
Lernwelten 05.04.2019

Das Corporate Learning Camp 2019 in Hamburg

Am 28. und 29. März 2019 fand das Corporate Learning Camp 2019 in Hamburg (#CLC19HH) statt. Mein Kollege Stefan Hilger und ich sind in den hohen Norden gereist, um stellvertretend für das Projekt eLearningÖV und die VDV-Akademie teilzunehmen.

Die Besonderheit dieser Veranstaltung, und eigentlich der gesamten Corporate Learning Community, ist die große Portion Selbstorganisation und Eigenanteil. Daher spricht man beim Camp auch nicht von Teilnehmern, sondern Teilgebern. Denn die beiden Tage sind komplett als Barcamp konzipiert. Im Vorfeld oder zu Beginn des Veranstaltungstages werden die Sessionthemen eingereicht.

Während des Veranstaltungstages gilt das Gesetz der Füße: Die Teilgebenden haben jederzeit die Möglichkeit, in die Sessions zu kommen oder auch wieder zu gehen. Nach diesem Konzept haben die etwa 300 Teilnehmenden der Veranstaltung die zwei Tage mit knapp 100 Sessions unterschiedlichster Themenvariation gestaltet. Für mich eine erstmalige und sehr besondere Erfahrung mit dem überraschenden Fazit: Es hat sehr gut funktioniert . Anbei meine Best-of-Sessions mit den wichtigsten Learnings.

#1 Wieviel Didaktik muss eigentlich sein?

Zum Warmwerden der Session wurde erst die Frage in den Raum gestellt, was Didaktik überhaupt ist. Als kleinsten gemeinsamen Nenner einigten sich die Teilgebenden auf den Vermittlungsweg von Lerninhalten. Anhand von vielen Praxisbeispielen wurde im Laufe der Diskussion deutlich, dass es quasi unmöglich ist, nicht nicht zu didaktisieren. Darüber hinaus sinken der didaktische Input und Umsetzungs-Aufwand auch immer exponentiell zu dem Bedarf des Lernenden. Das bedeutet: muss ich mir wegen einer Autopanne  möglichst schnell aneignen, wie ich einen Reifen wechsle, dann reicht ein verwackeltes Video. Handelt es sich hingegen um eine DSGVO-Schulung, muss der Inhalt ansprechend und didaktisch hochwertig sein. Denn „DSGVO in hässlich geht gar nicht“.

#2 Make or buy?

Eine Frage, die viele aus dem L&D-Bereich umtreibt, wenn es um digitale Bildung geht: Inhouse erstellen oder einkaufen?

1. Die Arten der Lerneinheiten
    a. Selbstentwickelt
    b. Maßgeschneidert
    c. Fertigkurs

2. Die Inhalte sind ausschlaggebend für die Entscheidung, sie können beispielsweise
    a. Vertrauenswürdig
    b. Sehr speziell
    c. Mehrsprachig
    d. Kurzfristig oder
    e. Regelmäßig aktualisierungsbedürftig sein.

Daher das Fazit der Sessiongeberin Nicola Appel von der Pink University: Mix it! Die Inhaltserstellung kommt immer auf den Content, die Zeit und interne Ressourcen an. Also Abwägen, Budgets planen und dann eine Entscheidung treffen.

Ein weiteres wichtiges Learning war für mich die Diskussion über das Pricing von zugekauften Lerneinheiten. Der Markt ist hier teilweise intransparent und die Preise sehr schwankend. Eine Kategorisierung für die monetäre Einordnung von digitalen Lerneinheiten scheint sich dabei immer mehr durchzusetzen: Das Level der Interaktion. Dabei ist der 1. Level Typ digitalisierte PowerPoint, das 2. Level mit Interaktion und das 3. Level ein anwendungsorientiertes Lernszenario.

#3 Endlich Schontag

Unter dem Motto 'vier Tage meetingfrei' lockte diese Session viele Neugierige an. Der Sessiongeber - aus dem Unternehmen Quäntchen+Glück in Darmstadt - stellte ein Modell von New Work vor, das in seinem Unternehmen inzwischen erfolgreich implementiert ist. Die grundlegende Problematik: Zu viele Meetings, zu wenig Zeit für konzentrierte Arbeitsphasen. Das Ziel: Schonung für Kunden und Mitarbeitende.

Die Rahmenbedingungen des Schontags:

  • Montag ist Schontag.
  • Die Mitarbeiter sind nicht erreichbar. Anrufe laufen aufs Band, bei E-Mails gibt es automatisierte Abwesenheitsinfo.
  • Es bedarf einer Moderation und strikten Agenda für Montage.
  • Zu der Agenda gehören Slots für Kundenprojekte, Internes, Ressourcenverteilung und gemeinsames Mittagessen.
  • An dem Montag ergeben sich die To-dos für die restliche Woche, sie werden im individuellen Wochenplan festgehalten.

Fazit des Sessiongebers: Das Team darf nicht zu groß sein (ca. 20) und es bedarf einer Eingewöhnungszeit und viel Disziplin, aber inzwischen ist das Modell erfolgreich implementiert und sehr effizient. Mein Fazit: Nachahmungswürdig! :-)

#4 Train the eTrainer

Die Session ging der Frage nach, wie man die eigenen Trainerinnen und Trainer fit macht für E-Learning und/oder die Durchführung von Webinaren. Während der Beispiele aus den Unternehmen wurde deutlich, dass wir zwischen zwei Vorgehen unterscheiden müssen:

  1. Die Fachexperten geben den Inhalt an die didaktischen Experten/Moderatoren weiter. Diese verarbeiten sie in ihrem Konzept.
  2. Die Fachexperten werden selbst zu Erstellern von E-Learning oder Trainern.

Bei uns sind beide Prozesse bekannt. Interessant und aufwändig ist das zweite Vorgehen, denn hier geht es wirklich um „train the e-trainer“. Dafür wurden in der Gruppe mehrere Ansätze und Wege diskutiert. Ein Beispiel aus einem Unternehmen war eine Blended-Learning-Schulung mit einem WBT, das die Grundlagen der Didaktik vermittelt, sowie ein Tag Präsenzschulung, inklusive Zertifizierung.

Bei der Motivation und den ersten Schritten sind folgende Hilfestellungen erprobt und erfolgsversprechend: Templates für eine einfache Erstellung, How-to-Videos, Checkliste für den Webinar-Ablauf und Tool-Boxen sowie Methodenpools.

Damit die eTrainer am Ball bleiben, ist außerdem Betreuung wichtig, beispielsweise gemeinsam Veranstaltungen besuchen, als Ansprechpartner und Berater fungieren oder auch konkrete Zielvorgaben vertraglich festzulegen.

Wessen Interesse geweckt ist: Das nächste Corporate Learning Camp findet Mitte September in Koblenz statt :-)

Der Sessionplan vom Corporate Learning Camp
Der Sessionplan vom Corporate Learning Camp
Autor

Britta Robels

Britta ist unsere Projektleitung von UpTrain. Sie liebt Wortwitze und einen anständigen Hafermilchschaum auf dem Cappuccino. Im Blog schreibt sie rund um das Projekt und die Kernthemen wir Berufsbildentwicklung, Durchlässigkeit und Bildungsberatung.